Nell-Breuning-Symposium

Einladung zum 8. Nell-Breuning-Symposium

am 28. und 29. April 2017 von 14 bis 19 Uhr in der Kulturhalle Rödermark

Thema: „Wem gehört die Welt? – Geopolitik, Macht und Herrschaft im 21. Jahrhundert“

Die Oswald-von-Nell-Breuning-Schule in Rödermark veranstaltet gemeinsam mit der Stadt Rödermark am 28. und 29. 4. 2017 ein Symposium, das sich dem Thema „Wem gehört die Welt? – Geopolitik, Macht und Herrschaft im 21. Jahrhundert“ widmen wird. Die Veranstaltung soll eine Begegnung zwischen Schule, Hochschule und einer interessierten Öffentlichkeit der Stadt ermöglichen. Tagungsort wird die zentral gelegene Kulturhalle im Ortsteil Ober-Roden sein.

Nach dem Ende der Sowjetunion und einer bipolaren Welt, aber auch mit den Verheißungen des Internets und globaler Handelsverflechtungen durfte man in den neunziger Jahren noch auf die Herausbildung einer transnationalen und liberalen Netzwerkgesellschaft hoffen. Aber schon mit den ethnisch und nationalistisch motivierten Kriegen im Kaukasus und auf dem Balkan und spätestens seit dem Scheitern der USA im Nahen und Mittleren Osten scheint dieser Optimismus einer realpolitischen Ernüchterung gewichen. Vor allem die Vertreter des „realistischen Ansatzes“ glauben schließen zu können, dass nicht Konsens, gemeinsame Normen und Werte, die internationalen Beziehungen bestimmen, sondern geostrategische Interessen und Machtpolitik. Tatsächlich lassen sich Tendenzen einer Rückkehr zur Geopolitik in den internationalen Beziehungen kaum leugnen. Symptomatisch dafür sind die Annexion der Krim durch Russland, der Konflikt zwischen dem Iran und Saudi-Arabien um die Vorherrschaft im Nahen Osten, die chinesischen Ansprüchen auf Provinzen im Norden Indiens oder Inseln im Süd- und Ostchinesischen Meer, die Auseinandersetzung um die Arktis oder auch (mit einer etwas anderen Perspektive) die „weiche“ Osterweiterung von EU und NATO bis an die Grenzen Russlands. Dabei dominiert offenbar eine Politik, die nicht auf Einvernehmen und Kompromisse setzt, sondern vielmehr Geographie, Zugänge zu Ressourcen und räumliche Präsenz geltend macht. Räume und Grenzen werden, wie in längst überwunden geglaubten Zeiten, ideologisch, historisch und religiös, besetzt und aufgewertet, wobei die tatsächlichen Interessen aber häufig ökonomischer Art sind.

Das Nell-Breuning-Symposium möchte sich insbesondere folgenden Fragenstellungen widmen:

  • Hält die Behauptung einer „Renaissance der Geopolitik“ einer kritischen Überprüfung stand?
  • Welcher Logik folgt die (konstatierte) neue Macht- und Herrschaftspolitik? Kann Sie überhaupt eine gewisse (verallgemeinerbare) Gültigkeit beanspruchen?
  • Sind die alten Muster der Geopolitik des 19. und 20. Jahrhunderts begrifflich noch relevant? Welche Varianten oder Ausformungen lassen sich heute feststellen?
  • Was ist die Funktion der USA? Geht die Entwicklung von einer unipolaren Welt (mit den USA als Ordnungspol) hin zu einer multipolaren oder gar ‚nonpolaren‘ Welt? Welche Risiken entstehen aus der Streuung und Diversifizierung von Machtzentren für die internationale Sicherheit?
  • Welche Rolle spielt Europa und dessen Wertesystem, welche kann es zukünftig spielen?
  • Inwieweit beherrscht geopolitisches Denken unsere Sprache, unsere Denkstrukturen und Wahrnehmung (mit binären Dichotomien oder Codes wie ‚Wir/Andere‘, ‚Nord/Süd‘, ‚Abendland/Orient‘, ‚der Europäer/der Russe, Chinese‘ etc.) ?
  • Wie verhält sich das durch hohe Mobilität ausgezeichnete Kapital (Global Players, Finanzwirtschaft) zu geopolitischen Ansprüchen und Strategien?
  • Welche Rolle kann einer kritischen Zivilbevölkerung und den NGOs in einer vernetzten Welt zukommen?
  • Wie lassen sich die normativen Rahmen der UN und der OSZE geltend machen, wie das internationales Recht, das Selbstbestimmungsrecht der Völker und die Menschenrechte, sodass sich auch die vier Großmächte USA, China, Russland und Indien davon leiten lassen?
  • Gibt es einen Zusammenhang zwischen Globalisierung, (neo-) nationalistischen Strömungen (auch einem autoritären Präsidentalismus in osteuropäischen und asiatischen Länder) und einer neuen Geopolitik?

Das 8. Rödermärker Symposium will und kann keine Lösungen in der Auseinandersetzung um eine globale Friedensordnung im 21. Jahrhundert bieten. Gleichwohl möchte es auch ein nicht-fachwissenschaftliches Publikum dazu anregen, aktuelle Positionen innerhalb der internationalen Politik besser nachvollziehen sowie Macht- und Herrschaftsansprüche als auch deren Rechtfertigungen besser verstehen zu können.

Referieren werden:

Prof. Dr. Harald Müller (Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung, Frankfurt)
Prof. Dr. Andreas Wirsching (Institut für Zeitgeschichte, München und Berlin)
Prof. Dr. Hélène Miard-Delacroix (Universität Paris-Sorbonne)
Prof. Dr. Thomas Roithner (Universität Wien)
Omid Nouripour (Mitglied des Bundestages, Berlin/Frankfurt)
Dr. Volker Stanzel (Stiftung Wissenschaft und Politik Berlin, ehemaliger Politischer Direktor des Auswärtigen Amtes sowie ehemaliger Botschafter in Peking und in Tokio)
Prof. Dr. Anja Jetschke (Institut für Politikwissenschaft, Göttingen/ German Institute of Global and Area Studies)


Prof. Dr. Philipp Wolf


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