Nell-Breuning-Symposium

„Asteroiden — Gefahr aus dem All“

17. Hochschultag am Montag, 10. März 2014, 18:30 Uhr, Kulturhalle Rödermark / Ober-Roden
mit Prof. Dr. Andreas Burkert, Universität München

Prof. Dr. Andreas Burkert, Universität München
Prof. Dr. Andreas Burkert,
Universität München
„We don’t like chasing Dinosaurs!“

Mit diesem neuen eigenen Wissenschaftssong eröffnete Katrin Peters, Schülerin des Leistungskurses Physik im 12. Jahrgang, den 17. Rödermärker Hochschultag in der gut besuchten Kulturhalle in Ober-Roden. Im weiteren Vorprogramm präsentierten Schüler des Profils Naturphilosophie Statements aus ihrer laufenden Projektarbeit zur Bedrohung durch Asteroiden und begründeten die Notwendigkeit von internationalen Testmissionen zum Schutz unseres Planeten.

Bürgermeister Roland Kern und Dr. Dietmar Herdt (Fachbereich Physik) führten in einer gemeinsamen Anmoderation in das Thema des Abends ein und stellten Prof. Burkert als einen renommierten und vielseitigen Wissenschaftler vor, der als theoretischer Astrophysiker die Entstehung und Entwicklung von Sternen und Galaxien erforscht. Zu seinen Schwerpunkten gehören Computersimulationen für hochkomplexe kosmologische Vorgänge, die mit Großrechnern im extremen Zeitraffer simuliert werden können. Er hat auch Szenarien für die Abwehr gefährlicher Asteroiden berechnet, die sich auf Kollisionskurs mit der Erde befinden.

Prof. Burkert ist Fellow des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik, Mitglied der Europäischen Akademie der Künste und Wissenschaften und seit 2011 Präsident der Deutschen Astronomischen Gesellschaft. Er ist stellvertretender Sprecher des Exzellenzclusters Universe, einem interdisziplinären Netzwerk von Kern- und Teilchenphysikern, Astrophysikern und Kosmologen, darunter hochrangige Wissenschaftler wie Prof. Siegfried Bethke, den Direktor des Max-Planck-Instituts in München, der beim 10. Hochschultag über das Large-Hadron-Collider-Projekt und die Suche nach dem inzwischen nachgewiesenen Higgs-Boson, dem so genannten „Gottesteilchen“ (Nobelpreis für Physik 2013), referierte.

Im Hauptteil des Abends begeisterte Prof. Burkert mit seinem auch für Laien gut verständlichen und unterhaltsamen Vortrag die etwa 400 Zuhörer. Er klassifizierte Asteroiden (Kleinstplaneten) als Gesteinsbrocken, die noch aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems stammen.

Die meisten Asteroiden befinden sich im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Von den 600.000 bekannten Asteroiden werden etwa 10.000 als gefährlich eingestuft. Die Experten sprechen von Near Earth Objects, kurz NEOs. Einschläge von NEOs gab es im Verlauf der Erdgeschichte immer wieder.

Vor 65 Millionen Jahren besiegelte der Einschlag eines riesigen Asteroiden im Golf von Mexiko das Ende der Dinosaurier und zwei Drittel aller Spezies — weltweit!

Asteroiden mit dem Potential für größere bis hin zu globalen Katastrophen kommen statistisch etwa alle 1.000 Jahre vor, also durchaus im zeitlichen Rahmen unserer Zivilisation. Der nächste Einschlag einer solchen Größenordnung ist also bereits überfällig.

Aber auch kleinere NEOs mit einem Durchmesser von bis zu 50 Metern können ohne lange Vorwarnzeit empfindliche Schäden an Personen und der Infrastruktur anrichten. Im Februar 2013 explodierte ein vergleichsweise kleiner Meteorit mit einem Durchmesser von weniger als 20 Metern, aber einer Masse von 10.000 Tonnen und einer Geschwindigkeit von 66.000 km/h über Tscheljabinsk im Ural und verletzte 1.500 Menschen. Der Meteorit hatte eine Sprengkraft von 30 Hiroshima-Bomben.

Nur vier Stunden später hätte es – aufgrund der Erdrotation - die Fünf-Millionen-Metropole St. Petersburg getroffen. — Zum Vergleich: bei der Detonation der Hiroshima-Bombe wurden 70.000 Menschen nur aufgrund der Druckwelle sofort getötet. Nicht auszudenken, was die Sprengkraft von 30 Hiroshima-Bomben angerichtet hätte.

Asteroiden mit nur wenigen 100 Metern Durchmesser könnten bereits eine weltweite Katastrophe auslösen. Nach den Berechnungen wird am Freitag, dem 13. April 2029, Apophis, ein Asteroid mit einem Durchmesser ca. 350 Metern, in der geringen Entfernung von 31 000 Kilometern die Erde passieren, das ist weniger als ein Zehntel der Entfernung des Mondes zur Erde. Sieben Jahre später kommt Apophis wieder der Erde nahe, zum Glück mit einer nur geringen Kollisionswahrscheinlichkeit. Die Gefahr ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben, denn Apophis wird auch danach zwei Mal pro Jahr die Erdbahn kreuzen. Die Energie, die bei einer Kollision von Apophis mit der Erde freigesetzt würde, beträgt ca. 900 Megatonnen TNT-Äquivalent, etwa 70.000 Mal mehr als bei der Hiroshima-Bombe.

Im Unterschied zu den Dinosauriern sind wir heute astronomisch in der Lage, große Asteroiden frühzeitig zu erkennen und ihren weiteren Bahnverlauf zu berechnen. Auch technisch gesehen hätten wir durchaus Möglichkeiten, gefährliche Asteroiden aktiv abzuwehren. Für eine Testmission wären einige hundert Millionen Euro erforderlich. Prof. Burkert appellierte an die internationale Politik, die finanziellen Mittel bereitzustellen. Bedenkt man, dass allein für die Bankenrettung in den letzten Jahren mehr als der 1000-fache Betrag aufgebracht worden ist, dann sollte uns das langfristige Überleben unserer Zivilisation - also jedes einzelnen von uns - und letztlich unseres Planeten diese Investition wert sein.

Unter dem Eindruck der Beinahe-Katastrophe von Tscheljabinsk fand am 18. Februar 2014 am ESOC in Darmstadt ein internationales Treffen statt, bei dem Experten von 13 Raumfahrtagenturen unter dem Mandat der Vereinten Nationen die „Space Mission Planning and Advisory Group“ (SMPAG) gründeten, mit dem Auftrag zur Entwicklung von Strategien gegen die potentielle Bedrohung durch gefährliche Asteroiden.

„Wenn man 500 Jahre in die Zukunft reisen könnte und dann zurückschaute, so würde man den Stellenwert der Gründung von SMPAG leicht erkennen. Was hier gestartet wurde, hat das Potential Millionen von Leben zu retten.“ (Prof. Harris, Asteroidenjäger und Leiter des EU-Projekts „NEOshield“)

Dem spannenden und humorvollen Vortrag, in dem Prof. Burkert sich als ausgezeichneter Entertainer erwies, folgte eine ausgedehnte und rege Diskussion mit dem Publikum, an deren Ende die Organisatoren der Rödermärker Hochschulaktivitäten, Prof. Dr. Wolf und Dr. Herdt, einen Ausblick auf das 7. Nell-Breuning-Symposium gaben, das am 10. und 11. Oktober 2014 zum Thema: „Kosmos und Mensch: Weltbilder im 21. Jahrhundert“ in der Kulturhalle Rödermark stattfinden wird.

Dabei geht es um den erkenntnistheoretischen Grenzgang zwischen Naturwissenschaften (Kosmologie, Evolutionstheorie, Neurowissenschaften) und Philosophie. Nach seinem äußerst erfolgreichen Auftritt beim 17. Hochschultag sagte Prof. Burkert spontan seine Teilnahme am Symposium zu. Bereits zugesagt haben renommierte Physiker und Philosophen, darunter der Gießener Naturphilosoph Prof. Dr. Bernulf Kanitscheider.

Die Rödermärker Hochschultage und die in Abständen von drei Jahren stattfindenden Nell-Breuning-Symposien werden gemeinsam von der Oswald-von-Nell-Breuning-Schule und der Stadt Rödermark veranstaltet. Mit ausgewählten wissenschaftlichen Themenkreisen soll der Dialog zwischen Hochschule, Schule und der interessierten Öffentlichkeit gefördert werden. Zu den großzügigen Sponsoren der Hochschulaktivitäten gehört die Sparkasse Dieburg.

(Dr. Herdt, FB Physik und Profil Naturphilosophie)


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