Nell-Breuning-Symposium

8. Rödermärker Hochschultag der NBS

am Montag, 15. Juni 2009, Kulturhalle Ober-Roden

Thema
„Die Finanzkrise - Ursachen, Wirkungen und die Möglichkeiten staatlicher Politik“
Referent
Prof. Dr. Jan Pieter Krahnen, Universität Frankfurt
Hochschultag 15. 6. 2009, Kulturhalle Rödermark (Prof. Dr. Jan Pieter Krahnen)

Am 15. 6. 2009 fand der 8. Rödermärker Hochschultag statt, der von der Nell-Breuning-Schule in Kooperation mit der Stadt Rödermark veranstaltet wird. Thema des Abends in der gut gefüllten Kulturhalle war "Die Finanzkrise – Ursachen, Wirkungen und die Möglichkeiten staatlicher Politik". Dazu war Prof. Dr. Jan Pieter Krahnen geladen, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, Kreditwirtschaft und Finanzierung und Direktor des Center for Financial Studies (CFS) im House of Finance an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt. Professor Dr. Krahnen gilt als ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet der Finanzwissenschaften und wurde in die so genannte Issing-Kommission berufen, die die Bundesregierung bei den internationalen Verhandlungen zur Reform der weltweiten Finanzmärkte berät.

Die aktuelle Brisanz des Themas ‚Finanzkrise' zeigte sich nicht zuletzt auch an dem großen Besucherinteresse und der lebhaften Resonanz im Publikum, das dem Referenten schon vorab eine Fülle von Fragen stellte. Krahnens eloquenter und niveauvoller Vortrag bestand wesentlich aus einem kurzen historischen und analytischen Abriss sowie aus Vorschlägen zur Therapie und Prävention von zukünftigen Einbrüchen in dieser Größenordnung. Um das Jahr 2000 sei aufgrund der amerikanischen Zinspolitik der globale Geldfluss extrem angestiegen. Während verbriefte Wertpapiere sehr leicht erstanden werden konnten, wurden so genannte „toxische“ (d.h. durch Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenzen der Schuldner wertlos gewordene) Papiere von den Banken nicht oder nur verspätet ausgewiesen. 2006 brach, so Krahnen, das „Kartenhaus“ des Interbankenmarktes plötzlich zusammen, was, wie Krahnen gerne zugab, auch seine Zunft nicht voraus gesehen habe. Wegen der Intransparenz und des Vertrauensverlusts auf dem Bankensektor wurden die Kreditzinsen unerklärlich hoch und die Bereitschaft zur Kreditvergabe sehr klein. Dabei sparte Krahnen nicht mit seiner Kritik an den Banken, die einerseits unverantwortliche Kredite vergeben und andererseits Papiere technisch so verbrieft hätten, dass dabei völlig unangemessene Emissionsvolumina entstanden seien. Weiterhin verhehlten die Banken bis heute nicht nur Umfang und Verteilung der schlechten Tranchen, sie hätten darüber hinaus auch ihren Selbstbehalt (eigene Risikoanteile an Anleihen) weiter veräußert. Das Problematische daran sei, so der Wissenschaftler, dass (scheinbar) kleine Risiken auf der mikroökonomischen Bankenebene zu schlimmen makroökonomischen Konsequenzen (Arbeitslosigkeit, Staatsverschuldung etc.) führen könnten.

Krahnen schlug drei Maßnahmenbündel vor, mit denen derlei Krisen in der Zukunft verhindert werden könnten. Man müsse zunächst die verzerrten Gewinnanreize – auch durch ein Malussystem – auf dem Finanzmarkt korrigieren, eine intelligente Transparenz bei Finanzgeschäften schaffen, die Bankenaufsicht erweitern und schließlich eine globale Risikolandkarte entwerfen, auf der auch die Kapitalstandards einzelner Banken notiert seien. Allerdings bliebe aufgrund der international Wettbewerbssituation unklar, wie viel Öffnung Banken bereit seien hinzunehmen. Eine echte und verdrahtete Bankenkontrolle werde wohl nur in Kontinentaleuropa möglich sein.

Zum Ende sprach Prof. Krahnen noch das staatliche Krisenmanagement an. Wenn der Staat mit kurzfristigen Hilfen zum Banker werde, könne längerfristig die Schuldenlast untragbar werden – mit unabsehbaren Risiken für das allgemeine Zinsniveau und zukünftige Generationen.

In der anschließenden sehr anspruchsvollen Diskussion wurden denn auch grundsätzliche Fragen gestellt, etwa ob dieses System mit seiner Fixierung auf Wachstum nicht selbst an seine Grenzen gerate. Man könne, so Krahnen, weder auf ein funktionierendes Finanzsystem noch auf Wachstum verzichten, weil nur so die Renten zukünftiger Generationen zu sichern seien. Das dankbare Publikum bedankte sich für die profunden und erhellenden Ausführungen mit einem lang anhaltenden Applaus.


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